Erfahrungsbericht Enduropark Hechlingen

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  • Hoi, um den Thread "Wo wart ihr heute" nicht zu überfluten und verwässern, mache ich hier doch lieber ein eigenes Thema auf.
    Einfach ein subjektiver Erfahrungsbericht von einem 1-Tages-Endurotraining im BMW Enduropark in Hechlingen.

    Zusammen mit einem Kumpel hatten wir es doch endlich mal unternommen, wollten lange schon hin, hatte terminlich (auf unserer Seite) nie hingehauen. Wir kommen beide aus dem Nordschwarzwald und haben die An- und Rückfahrt nach Hechlingen jeweils noch mit einer Motorradtour verbunden, so wurde aus der direkten Verbindung von ca. 200 km jeweils eine Tagestour von ca. 350 km. Daher haben wir zwei Übernachtungen in etwa 12 km Entfernung gebucht, vor und nach dem Trainingstag.
    „Antreten“ ist morgens um 8:15, da macht es Sinn, am Abend zuvor anzureisen.
    Das Gelände erinnert an einen verlassenen Steinbruch, kleine und große Schotterflächen auf mehreren Ebenen, alles verbunden durch Feld- und Waldwege jeder Art, uneben, ebenfalls mit Schotteroberfläche, teils natürlich matschig, durch die letzten Tage auch tiefe Wasserdurchfahrten. Verbindungswege oftmals sehr schmal, auch tiefe Rinnen wo der Boxer gerade durchpasst. Auch natürlich winkelig und uneben. In den Rinnen habe ich mich insgesamt drei Mal hingelegt. Passiert halt.
    Schotter von Kieselgröße über Tennisball bis Kindskopf, alles dabei. An den Seiten der Trainingsflächen auch steile Auf- und Abfahrten.

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    Ein paar wenige Fotos habe ich kurz geknipst, der Tag war durch Action geprägt, man war eigentlich immer im Training, die Pausen an der Basisstation durch "Trinken! Trinken! Trinken!". Ich glaube, ich habe an dem Tag 5 Liter durchgejagt, das allermeiste davon in den Anzug geschwitzt. Der hinterher übrigens aussah wie die Sau, Wasserdurchfahrten im falschen Moment, wenn die Wellen vom Vordermann gerade bei dir zusammenschlagen.

    Zu den Motorrädern:

    Die Entscheidung, ein Motorrad vor Ort zu leihen, war die einzig richtige. In Summe waren es an dem Tag so ca. 25 Teilnehmer (alle nahmen Leihmopeds), morgens standen in Reih und Glied also 25 GS 1300 vor dem Werkstattbereich, mit Namensschild versehen. Ich hatte extra eine niedrige bestellt, bei meinen 1,72 macht das für mich Sinn. Die hatte übrigens die Liftautomatik, funktioniert vollkommen unauffällig.

    So sah das am Abend nach Schluss des Trainings aus, ich warte gerade vor der Waschanlage, um das Moped am vorbestimmten Platz abzustellen. Schmutzig, glücklich, und fertig wie’s Brot, wie wir sagen.

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    Warum macht es Sinn, das Motorrad vor Ort zu leihen?

    Man kann sich was aussuchen aus GS 1300, GS 1250 Adventure, GS 750. Die 1250 Adventure eben, weil die noch nicht als GS 1300 ADV verfügbar ist. Die GS ist mit dem Metzeler Karoo 4 bereift, 1,6 bar vorne und hinten. Das wäre schon ein Kriterium für die Entscheidung eigenes Moped oder Leihmaschine, ich fahre den Conti TrailAttack 3 auf meiner GS, der ist 90/10 Straße/Gelände und mit dem hätte ich hier im Park restlos verloren.
    Der Karoo 4 ist 50/50.
    Wenn an den Leihmaschinen was kaputt gehen sollte, wird das kurz gerichtet, wenn überhaupt nötig, ansonsten bis zum Abend ignoriert oder das Motorrad einfach getauscht.

    Ansonsten haben die Maschinen als Sonderausstattung eine Lenkererhöhung um ca. 20 mm und der Lenker ist recht weit nach vorne gedreht. Das erleichtert das Fahren im Stehen ungemein. Speziell mir half das bei Bergauffahrten, wo man dann auch noch nach vorne lehnt. Die Maschinen haben keine Spiegel (bis auf die der Ausbilder, so daß sie ihre Schäfchen hinter ihnen besser zählen können), die würden eh nur bei den zahlreichen Umfallern kaputt gehen. Die Fahrt zum Mittagessen kriegt man auch so hin.

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    Die Maschinen sind naturgemäß alle noch recht neu, aus dem Februar, haben so 2-5000 km auf der Uhr. Die werden nach der Saison jeweils einmal im Jahr getauscht.

    Zwei Mechaniker vor Ort, einer macht nur die Motorräder, der andere macht teils Werkstatt, teils Ausbildung. Das war unser Trainer. GS Trophy, Tourguide, 35000 Motorrad km pro Jahr, davon das meiste im Gelände. Also fahren kann der..

    Vor Trainingsbeginn wurden die Teilnehmer gemustert, Führerschein vorzeigen, und auf sichere und geeignete Bekleidung (mit Protektoren) geachtet. Jeder kann und SOLLTE sich feste Endurostiefel vor Ort leihen. Ich hatte eigene Stiefel dabei, die hatte ich mir vor Jahren mal auf kleinanzeigen günstig für genau den Zweck geholt, die haben gut funktioniert. Stiefel zum leihen (30 €) haben die in allen Größen zur Genüge vor Ort.

    Danach wurden drei Gruppen eingeteilt.
    - Rookies: Motorrad-Einsteiger, Wiedereinsteiger, keine Geländeerfahrung
    - Intermediate: Motorraderfahrung, keine oder wenig Geländeerfahrung
    - Pros: gute bis sehr gute Geländeerfahrung


    Die Einteilung trifft jeder selbst für sich, so haben mein Kumpel und ich uns für die mittlere Gruppe entschieden, weil wir beide ordentlich Motorraderfahrung mitbringen, aber keine Geländeerfahrung haben.
    Danach: Auf geht’s, Motorräder ausfassen, die Gruppen sammeln sich mit ihren jeweiligen Ausbildern an verschiedenen Plätzen. Gefahren wird übrigens den ganzen Tag fast nur im Stehen, im ersten Gang, zwei Finger an der Kupplung, zwei Finger an der Bremse. Eingeschaltet ist bei den Fahrmodi zunächst der „RAIN“ Modus für ein sanfteres Ansprechen des Gasgriffs, ABS darin ist an und bleibt an, auch später im ENDURO Modus.
    Lt. Aussage des Ausbilders macht das auch Sinn, ich kann und will hier nun nicht in eine Diskussion ABS im Gelände pro/contra einsteigen. Kann sein, dass die Profi-Gruppe das auch mal anders und ausführlicher behandelt.
    Ein Kritikpunkt von mir und auch anderen Teilnehmern an der GS 1300: Der erste Gang ist sehr lang übersetzt, wenigstens für die Übungen hier. Man muss schon recht oft mit der Kupplung arbeiten. Was die natürlich klaglos kann und auch macht.
    Die Übungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) bestehen aus Langsamfahren, Kurventechnik, GANZ WICHTIG: Blickführung !!!, enge und engste Radien, bergauf, bergab fahren, auch steil bis sehr steil. Ablauf in und von Notsituationen. Dies in verschiedensten Geländearten, zum Ausgleich auch mal wieder Runden durch den Park.
    Der einzige Moment übrigens, wo man mal den zweiten und höhere Gänge braucht: Wenn man die 10 km in den Nachbarort zum Essen fährt.
    Und so geht das weiter über den Tag. Eine Übung, herunterrutschen ohne Motor mit rutschendem Hinterrad an einem sehr, SEHR steilen Hang, habe ich nicht mitgemacht, das war mir zu heftig. Später habe ich es bereut, hätte ich doch machen sollen. Und sicher auch hingekriegt.
    Abschließend: wie schon erwähnt, ich war abends konditionell durch (was für andere aber nichts heissen muss, ich bin kein Konditionsbolzen), einen zweiten Tag, es gibt ja auch ein 2-Tages Training, hätte ich nicht überstanden.
    Ich habe sehr viel gelernt, einiges kannte ich auch schon aus eigener Praxis oder von anderen Trainings zuvor. Mein vorrangigstes Ziel, bei Geländeeinsätzen, sollten sie einmal notwendig sein, nicht mehr ganz so nervös und ängstlich dranzugehen, habe ich erreicht.
    Ich kann mir durchaus vorstellen, das Training nächstes Jahr zu wiederholen. Denn: Übung macht den Meister. Bei vielen Aufgaben ist die Koordination der Abläufe wichtig. Und gleichzeitig immer an alles zu denken, was noch nicht im Unterbewusstsein abläuft, sondern bewusst beachtet und ausgeführt werden muss, das war so ziemlich die schwierigste Aufgabe des Tages.

    Wer sich für ein Training in Hechlingen (oder einem anderen Standort des Betreibers) interessiert:

    BMW Enduropark

    R nineT: Ich war einfach nicht in der Lage, ihr aus dem Wege zu geh'n!

    10 Mal editiert, zuletzt von N4000 (8. Juni 2024 um 18:12)

  • Schöner Bericht und ich kann es nachvollziehen, eine Leihmaschine in Anspruch zu nehmen.

    Allerdings bleibt ein fader Nachgeschmack beim Gebrauchtkauf. Hoffentlich steht bei der Auflistung außer "wenig Kilometer und nur 1 Jahr alt" auch der Hinweis Betreff Einsatz. Wäre schade, wenn nur die Kratzteile getauscht werden...

  • Schöner Bericht und ich kann es nachvollziehen, eine Leihmaschine in Anspruch zu nehmen.

    Allerdings bleibt ein fader Nachgeschmack beim Gebrauchtkauf. Hoffentlich steht bei der Auflistung außer "wenig Kilometer und nur 1 Jahr alt" auch der Hinweis Betreff Einsatz. Wäre schade, wenn nur die Kratzteile getauscht werden...

    Vergiss es!

    Gruß

    Thomas

    Instagram: t1creme21

  • Weniger Gewicht hilft immer. Die Leistung der 1300 ist für alles, was wir ausprobierten, weitaus mehr als genug. Je nachdem, was man machen will, ist auch eine Mittelklasse-Enduro mit 750 cm³ immer noch zu schwer. Unfachmännisch geschätzt würde ich sagen, 150 kg ist die Obergrenze, 125 kg und 40 PS würde ich als sinnvoll ansehen.

    Für das Training, an dem ich teilnahm, spielt das aber eine untergeordnete Rolle. Das Gewicht machte sich vorrangig beim Aufheben nach einem Umfaller bemerkbar. Sonst eigentlich nicht. Wir fuhren schliesslich keinen Wettbewerb, keine Rallye oder so. Ok, mit einem leichteren Motorrad kann man einen Umkipper noch eher vermeiden. Insofern: ja, die ca. 40 kg weniger die eine 750 im Vergleich zur 1300 auf die Waage bringt, helfen ein Stück weit. Umfallen wirst du dennoch auch mit ihr :)

    Wenn ich es im Nachhinein überlege, war für mich die Vergleichbarkeit mit meiner GS der wichtigste Grund bei der Entscheidung pro GS 1300.

    R nineT: Ich war einfach nicht in der Lage, ihr aus dem Wege zu geh'n!

    3 Mal editiert, zuletzt von N4000 (8. Juni 2024 um 23:25)

  • Das Video wollte ich noch nachtragen, das hatte ich vor längere Zeit schon mal gefunden.
    Nein, in der Perfektion haben wir die Übungen natürlich nicht durchgeführt, unser Ausbilder wohl aber schon, der fuhr die GS Trophy.
    Auch machten wir im Training nicht das ganze Programm, dazu hätte auch sicher die Zeit gefehlt. Einige Übungen aber schon.
    Ein Ansporn kann sowas schon sein, auch ohne GS. :brauen

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    Nachtrag: Wenn man sich das ansieht und überlegt, spielt das Gewicht des Motorrades hier keine Rolle. Ein leichtes Moped brächte keine Vorteile.
    Wie im Training: Konzentration, Koordination, Blickführung. Gefühl für die Kupplung. Und am Ende Psychologie. Das macht den Unterschied.

    R nineT: Ich war einfach nicht in der Lage, ihr aus dem Wege zu geh'n!

    2 Mal editiert, zuletzt von N4000 (9. Juni 2024 um 19:24)